****** Nach dem Ende der Beatles erwartete die Welt von Paul McCartney musikalische Wundertaten, die er nicht erfüllen konnte bzw. wollte. Statt dessen machte er das, was am besten konnte und zwar richtig gute Musik machen. 1970 erschien sein erstes Solowerk McCartney, das trotz seiner Klasse von den Kritikern zerrissen wurde und auch von seinen Fans skeptisch und zögerlich entgegengenommen wurde. Nicht anders erging Album Nummer 2 Ram. Immerhin gelangen ihm zwischen 1971-1973 mit Another Day, Give Irleland Back To The Irish, Mary Had A Little Lamb und Hi Hi Hi einige Singlehits, die offenbarten, was ein Paul McCartney auch solo zu bieten hatte. Ab 1972 baute er seine Begleitband The Wings auf, zu deren Kernmannschaft seine Frau Linda an den Keyboards und der Gitarrist Denny Laine zählten. In ihren besten Momenten zauberte die Band eine Musik, die der der Beatles ebenbürtig war. Was auch weiter kein Wunder ist, denn der Name Paul McCartney verpflichtet und bürgt immer für gute Qualität. Wurde das erste Wings Album Wings Wild Life von den Kritikern noch in der Luft zerrissen, so erntete Werk Nummer 2 Red Rose Speedway erstmals wohlwollende Kritiken der internationalen Musikpresse. Ende 1973 folgte das Album Band On The Run, das Paul und seine Wings zum größten Teil in der nigerianischen Hauptstadt Lagos aufgenommen hatten. Das Klima des afrikanischen Staates scheint Paul und seinen Musikern äußerst gut bekommen zu sein, denn Band On The Run ist eine Klasse für sich. Die Kritiker überschlugen sich vor Begeisterung und die Fans kauften weltweit das Album in so großen Mengen, daß es mit Edelmetall nur so überhäuft wurde. Schon das Cover ist interessant, zeigt es 9 Menschen (neben den Wings Musikern die Schauspieler Christopher Lee und James Coburn) in Häftlingskleidung, die einen Ausbruch wagen, aber von einem Scheinwerfer eingefangen werden. Das Album beginnt gleich mit dem Titelstück, ein äußerst raffiniert aufgebautes Stück. Der Beginn ist etwas verhalten und plätschert friedlich vor sich hin. Ein kleiner rockiger Mittelteil geht in das eigentliche, Paul McCartney typische Lied über. Das Stück ist so mitreißend, daß es nicht weiter verwundert, daß es Mitte 1974 ein internationaler Tophit war (u.a. Nr. 1 in den USA). Die erste Singleauskopplung aus Band On The Run war der kernige Rocker Jet, der ein wenig an seinen Tophit Hi Hi Hi aus der Jahreswende 1972/73 erinnert, aber wesentlich packender und griffiger klingt. Kein Wunder, daß Jet ein internationaler Tophit war (u.a. Top 10 in England, den USA und Deutschland). Das herrlich verträumte Bluebird erinnert stark gleichgelagerte Stücke aus Beatles Zeiten. Besonders schön an diesem Stück ist der streckenweise mehrstimmige Gesang. Recht einfach gehalten, dafür aber mit sehr starken Ohrwurmqualitäten garniert ist das mitreißende Mrs. Vanderbilt. Der schleppende Rocker Let Me Roll It klingt fast so, als hätten die Beatles dieses Stück Ende der 60er Jahre aufgenommen. Richtig herzig klingt das (fast) akustische Mamunia. Ein wirklich schönes Stück, das allerdings eher nur für eingefleischten Macca Fans gefallen dürfte. Wie eine gute Beatles Nummer Marke George Harrison klingt No Words. Mein Favorit auf Band On The Run ist das fast 6 Minuten lange Picassos Last Words (Drink To Me). Das Stück ist typisch für Paul McCartney, der einfach ein Gespür für schöne Melodien hat. Picassos Last Words (Drink To Me) ist mit kleinen musikalischen Experimenten garniert, so u.a. ein kleiner französisch klingender Teil oder der Mittelteil mit verhaltenen Synthesizereinsatz und üppigen Orchester. Am Ende dieser herrlich schrulligen Stücks scheinen die Musiker wohl einen zuviel auf den guten Picasso getrunken zu haben und lallen fröhlich vor sich hin. Den Abschluß eines wirklich starken Albums bildet Nineteen Hundred And Eighty Four, ein flotter Poprocker, er auch einen guten Singletitel abgegeben hätte (Die CD Version von Band On The Run ist zusätzlich mit Helen Wheels und Country Dreamer angereichert. Helen Wheels war Ende 1973 ein internationaler Hit, obwohl das rockige Stück nicht gerade zu Maccas besten Stücken gehört. Die B-Seite von Helen Wheels war Country Dreamer. Auch dieses Stück gehört nicht unbedingt zu den Höhepunkten im Schaffen des Paul McCartneys, weiß aber vor allem im Refrain zu überzeugen). Dank der beiden Singlehits Jet und Band On The Run wurde das Album Pauls bis dahin größter Erfolg und er war an einem Punkt angelangt, wo er hätte alles veröffentlichen können, es wäre ein todsicherer Hit geworden. Aber so etwas hatte ein Paul McCartney nicht nötig. Wie die folgenden Alben zeigen sollten, legte er statt dessen Wert auf echte Qualität. Wer ein gutes Stück 70s Musik in seiner Sammlung aufnehmen möchte, der kommt an dem prachtvollen Band On The Run nicht vorbei.<br> Zuletzt editiert: 20.01.2007 18:40 |